Anfang der 1980er Jahre, waren die Innovationen bei den namenhaften Herstellern an vielen Stellen ausgereizt. Man hatte alles mögliche ausprobiert um die Anbauteile immer leichter zu machen und dazu viele verschiedene Materialien genutzt. Die große Zeit der französischen Hersteller war größtenteils vorbei und der italienische Marktführer Campagnolo geriet immer mehr unter Druck aus Fernost.
Der japanische Komponentenhersteller Shimano hatte schon seit längerem immer wieder neue und auch gute Innovationen in den Bereich Rennrad Komponenten einfließen lassen und Campagnolo hatte es irgendwie verpasst neue Ideen hervorzubringen. Bei Campagnolo verließ man sich teilweise immer noch auf ein Design, welches schon in den 60er Jahren auf den Markt kam.
Und genau zu dieser Zeit ( Anfang der 80er Jahre) kam aus Japan von Shimano etwas völlig neues auf den Markt. Ab sofort war nicht mehr nur das Gewicht der Anbauteile ausschlaggebend, sondern auch das aerodynamische Design. Für die Geschwindigkeit war jetzt nicht mehr hauptsächlich die Gewichtsreduzierung wichtig , sondern eher das aerodynamischen Design der kompletten Fahrer/ Rad Kombi. Es war die Geburtsstunde der Shimano Aerodynamics Gruppen. Diese Gruppen gab es in 3 verschiedenen Ausführungen.
Als erstes war da die Shimano Adamas Gruppe, welche wohl eher für Reiseräder konzipiert wurde und im unteren Preissigment angesiedelt war. Als obere Mittelklasse Gruppe gab es die Shimano 600 AX (6300) Gruppe und die Oberklasse war die Dura Ace AX (7300) Gruppe. Für das Design wurde aber nicht nur eine bereits vorhandene Gruppe modifiziert und leicht angepasst, sondern etwas völlig neues entwickelt. Denn zeitgleich hatte Shimano von 1978 – 1984 die Shimano 600 EX, Shimano 600 EX Arabesque und die Dura Ace 7200 im Programm. Es liefen also drei völlig verschiedene Shimano 600 und Dura Ace Gruppen im Shimano Katalog nebeneinander.
In diesen aerodynamischen Gruppen floßen viele neue Ideen mit ein und es wurden an vielen Stellen völlig neue Wege gegangen. Im Jahre 1981 tauchten einzelne Komponenten wie die Kurbel, Dyna Drive Pedale und die speziellen Direction 6 Naben schon im Shimano Katalog auf. Auch schon unter dem Namen Shimano Aerodynamics. Ein kleiner Vorgeschmack für die Kundschaft, denn die Produkte waren ja schon zu diesem Zeitpunkt alle in der Entwicklung.
Hier ein Bild aus dem Shimano Katalog von 1981:
Im Katalog von 1982 war es dann endlich soweit und Shimano stellte die kompletten Shimano AX Gruppen vor, welche ja schon wie erwähnt aus Shimano Adamas, 600 AX und Dura Ace AX bestanden. Die ganze Radsportwelt staunte 1982 über dieses völlig neue Konzept und die meisten erinnern sich sofort an das Bild eines Rennradfahrers welcher in einem silbernen Anzug und Aero Helm auf einem silbernen Rennrad saß, welches sehr „futuristisch“ aussah. Jedenfalls war es damals so!
Alles war völlig anders, als man es kannte. Die Bremszüge waren unter dem Lenkerband verlegt, man hatte Delta- Bremsen mit Mittelzug, ein völlig neues Kurbel und vorallendingen Pedalsystem, der Umwerfer sah auch ganz anders aus und wurde auch anders angesteuert, ein Schaltwerk in futuristischem Design mit Positionierungssystem.
Komponenten der Shimano 600 AX und Dura Ace AX Gruppe
Zum Start der Aero Gruppen gab es sogar einige Rahmenhersteller oder Marken mit zugekauften Rahmen, welche den angedachten Aero Triumphzug mitgehen wollten. Shimano lieferte dazu folgende Komponenten aus seiner Aero Serie. Alles getestet in dem extra dafür installiertem Windkanal in den heiligen Konstruktionshallen von Shimano.
Hier sind die Komponenten aus der Dura Ace AX Gruppe in verschiedenen Katalogen zu sehen:
Schaltwerk und Umwerfer – Shimano RD 7300 und FD 7300 – 7322
Schaltwerk und Umwerfer sind von völlig neuer Konstruktion. Zusätzlich zum völlig neuen und schlankem Design ist die eingebaute Indexierung im Schaltwerk, welche ein schnellen und sauberen Schaltvorgang ermöglichen sollte. Völlig neue Zugverlegung und andere Aspekte zeigen direkt, das hier völlig neue Wege gegangen wurden. Den Umwerfer gab es in insgesamt 4 verschiedenen Ausführungen. Für normales rundes Sitzrohr und für aerodynamisch geformtes Sitzrohr. Jeweils als Anlöt und Schellenversion. Außerdem war das Schaltwerk so gebaut das es über den sogenannten „Direct Cable“ Mechanismus, den Schaltzug direkt in das Schaltwerk laufen lassen konnte.
Bremsen und Bremshebel – Shimano BR 7300 und BL 7300
Auch bei den Bremsen der Shimano AX Gruppen wurden völlig neue Wege gegangen. Delta Bremsen mit Mittelzug und sehr schmale Bremshebel sind ein sofortiges Erkennungszeichen dieser AX Gruppen. Die neu konstruierten Delta Bremsen sollten es dem Fahrer ermöglichen, seine Bremsen ganz genau einzustellen und eine bessere Bremsleistung zu erzielen. Dies sollte mit dem neuen „Para Pull Mechanismus“ erreicht werden. Da die Bremsbeläge fest in den Bremsarmen montiert sind, und keine eigene Höhenverstellung erlauben, ist die Höhenverstellung der kompletten Bremse durch ein Langloch auf der Rückseite der Bremse möglich. Bei den Bremshebeln ist die hauptsächliche Neuerung, das der Bremszug aerodynamisch unter dem Lenkerband verlegt ist. Neue bzw. NOS Hoods dieser Bremshebel sind heute sehr selten zu bekommen und werden teilweise „mit Gold aufgewogen“.
Kurbel und Pedale (Dyna Drive) Shimano Dura Ace AX 7300
Die Kurbel und die dazugehörigen Pedale waren auch eine ganz spezielle Sache der AX Gruppen, auch wenn die Kurbel auch aus der Dura Ace Ex 7200 Gruppe bekannt war. Das Besondere an dieser Kurbel ist neben dem aerodynamischen flachen Design die Pedalbefestigung, welche für die passenden Dyna Drive Pedale konstruiert war. Bei den ebenfalls flachen und aerodynamisch geformten Pedale, hatte man sich die Pedalachse gespart, indem man den kompletten Drehmechanismus mit Lagern in die Befestigung der Pedale mit einbaute, und so den untersten Punkt des Fahrers unter die gedachte Pedalachse legen konnte. Dadurch wies das Rad ein sehr viel besseres Fahrverhalten auf. Eine schöne Idee, aber der Schwachpunkt war leider die Lagerung.
Weiter Features der Shimano Ax Gruppen
Als nächstes ein Paar Bilder der Shimano 600 AX Gruppe
Wie schon erwähnt gab es zur Einführung der AX Gruppen auch direkt Rahmen, welche zu der neuen aerodynamischen Innovation passten. Ein ganz bekanntes Beispiel ist das Norta Aero mit aerodynamisch geformten Rohren. Den gleichen Rahmen es auch gelabelt mit Jan Janssen oder z.B. Diamond. Hier ein paar Bilder eines Norta Aero mit einer kompletten Shimano 600 AX Gruppe.
Alles in allem waren die Shimano AX Gruppen kein kommerzieller Erfolg für Shimano und die Gruppen waren nach ca. 3 Jahren schon wieder aus den Katalogen verschwunden. Trotzdem hat es für Shimano etwas gebracht, denn die bereits angeschlagenen europäischen Hersteller wie Campagnolo usw. ,wollten den Anschluss nicht verlieren und so ziemlich jeder Hersteller hatte seine eigene Aero Gruppe auf dem Markt. Im Falle von Campagnolo mit der C Record Gruppe erst Jahre nach der Veröffentlichung der Shimano AX Gruppen. Dies hat Shimano noch mehr Zeit gebracht um ihren nächsten Klassiker mit vielen neuen Innovationen herauszubringen. Dies war dann die Shimano Dura Ace 7400 Gruppe, welche dann auch im späteren Verlauf die STI Bremsschaltgriff Systeme hervorbrachte.
Die Shimano AX Gruppen sind aber heute noch ein schönes Stück Rennrad Geschichte und sind bei Klassiker Freunden auch sehr gerne gesehen.